Anleger, die sich regelmäßig mit der Börse beschäftigen, haben sicher schon mal etwas von ADRs gehört. Ein ADR ist ein Finanzprodukt… Deshalb möchte ich heute folgende Fragen beantworten. Warum gibt es ADRs und was genau ist ein ADR? Sollte man lieber ADR oder die Aktie kaufen? Kann das Unternehmen die ADR als ungültig erklären? Besteht bei ADRs ein Emissionsrisiko und wie werden die ADRs bei der ausgebenden Bank gelagert (ist es Sondervermögen)?
Was ist ein ADR?
ADR steht übersetzt für American Despository Receipt und verbrieft ein Anrecht auf eine Aktie oder einen Aktienbruchteil. Es muss direkt dazu gesagt werden, dass ADRs keine Aktien, sondern ein Finanzprodukt sind. Ursprünglich wurden ADR in den USA eingeführt, um auch ausländische Unternehmen direkt an der New York Stock Exchange handeln zu können. Viele große Unternehmen, wie beispielsweise Alibaba oder Gazprom, kann man an der New Yorker Börse auch heute nur über ein ADR erwerben.
Warum gibt es ADR?
Aber wieso muss man das ganze so kompliziert machen und kann nicht einfach direkt die Aktie von Alibaba kaufen? Die chinesische Regierung erlaubt es Ausländern nicht, Unternehmensaktien aus bestimmten Branchen zu halten. Um diese Unternehmen handelbar zu machen, musste also ein Finanzprodukt her, das den Aktienbesitz verbrieft und die Unternehmen faktisch handelbar macht. Selbstverständlich wäre es eigentlich einfacher die Aktie direkt zu halten. Die chinesische Regierung möchte das aber verhindern, da ein Aktienbesitzer Mitspracherechte im Unternehmen hätte und umfassend informiert werden müsste. Diese Umstände sind nicht mit der momentan betriebenen Zensurpolitik in China vereinbar.
Sollte man ADR oder Aktien kaufen?
Diese Frage ist tatsächlich eine rhetorische, da sie sich in der Realität nie stellen wird. Bezogen auf ein Unternehmen, wird man an der gleichen Börse niemals die Wahl zwischen beiden Produkten haben, sondern nur eines angeboten bekommen. Wenn es um die generelle Entscheidung geht, welches der beiden Finanzprodukte die bessere Anlage darstellt, ist die Antwort ganz klar Aktien.
Besitzt man Aktien von einem Unternehmen, ist man direkt an diesem beteiligt und kann in den meisten Fällen auch Mitsprache-Recht. aber auch ein ADR, beispielhaft von Gazprom hat seine Vorteile, nicht nur Nachteile. Möchte man die Original-Aktie von Gazprom erwerben, so geht das nur an der Moskauer Börse (in Rubel). Falls man diese dann wieder verkaufen will, so geht dies auch nur über die Moskauer Börse. Hier kommt der Vorteil ins Spiel, ein ADR lässt sich viel einfacher kaufen und verkaufen an unterschiedlichen Börsen – die ADRs werden fast an jeder Börse angeboten.
Nachteil: ADR sind nur ein weiterer Zwischenschritt, der den Aktienbesitz verkompliziert, dem Anleger weniger Rechte zuspricht und zusätzliche Risiken birgt. Welche Risiken das sind, schauen wir uns im nächsten Abschnitt an.
ADR können für nichtig erklärt werden
Da das Finanzprodukt nicht in Absprache mit den Unternehmen konstruiert wurde, kann es von einem auf den anderen Moment wertlos werden. Jedes börsengehandelte Unternehmen hat das Recht, die ausgegebenen ADR jederzeit in vollständige Aktien umzuwandeln. In der Praxis bedeutet das: Wenn ein Anleger ein ADR auf ein chinesisches Unternehmen hält und gezwungen wird dieses in Aktienbesitz umzuwandeln, bleibt er am Ende einfach auf einem wertlosen ADR sitzen. Er hat zwar das Recht dieses in eine Aktie umwandeln zu lassen, darf diese allerdings nicht selbst besitzen, wie wir im Abschnitt „warum gibt es ADR?“ schon ausführlich erläutert haben. Das Risiko eines Totalverlusts wegen eines ADR ist also jederzeit gegeben.
Wie steht es um das Emissionsrisiko der ausgebenden Banken?
Vielen Anlegern ist nicht bewusst, dass sie mit einem ADR keinen Sachwert, sondern lediglich ein Versprechen der ausgebenden Bank kaufen. Wie bei allen Finanzprodukten ist es auch hier üblich, dass der Anleger das Emissionsrisiko der ausgebenden Banken trägt. Geht die Bank, welche das Zertifikat ausgestellt hat, Pleite, gibt es bisher keine einheitliche Regelung, wie es mit den ADR weitergeht. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass der Anleger in solchen ungeregelten Situation meistens den Kürzeren zieht. Man kann also sagen, dass der Anleger faktisch auch das Emissionsrisiko trägt, da die ADR sich, im Gegensatz zu vielen anderen Finanzprodukten, nicht im Sondervermögen der verwahrenden Banken befindet.
Welche Gebühren fallen bei ADR an?
Wie Aktien auch, haben ADR eigentlich keine Kosten. Im Gegensatz zu anderen Finanzprodukten, wie beispielsweise aktiv gemanagten Fonds, bei denen diverse Management – und Servicegebühren anfallen, sind ADR äußerst günstig. Kostenlos sind sie aber trotzdem nicht. Da die ausgebende Bank Kosten für die Verwahrung und den Verwaltungsaufwand hat, stellt sie den Anlegern in der Regel eine kleine Gebühr von 0,01 – 0,03 Dollar pro Aktie in Rechnung. Weil diese Gebühr nicht am tatsächlichen Kurs festgemacht wird, macht das also insbesondere Aktien mit einem günstigen Kurs für diese Konstellation unattraktiv.
Börsengewinne sind Schmerzensgelder. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld.
(André Kostolany)
Kennt jemand die Seite die man immer in den Finanzkroko Insta-Storys sieht, an denen Aktien zum Markt verglichen werden und eine Wertung von 1/15 Punkte erhalten?
Hallo,
bei Traderfox kann man sich die Wertung der einzelnen Aktien anschauen.
Aber auch AlleAktien Quantitativ, Marketscreener sowie Aktienfinder finde ich sehr gut!
Gruß Vita